Oft kommt es anders als man denkt 
Samstag, 26.04.2008, frisch und munter wache ich kurz nach 6 Uhr auf. Mein Mann ist verreist und ich kann ohne schlechtes Gewissen und Meldungen wie: „Hast du die senile Bettflucht?“ aufstehen. Ich möchte meine 4 gemütlichen km im Stadtpark laufen, anschließend meinen Kindern frisches Gebäck vom Billa holen und um ½ 10 mit Rudi zum Hübner die Wiener Sängerknaben anschauen.
Ich gehe Zähne putzen, will mein Laufzeugs anziehen, plötzlich überfällt mich eine derartige Müdigkeit, die mich nicht im Stadtpark, sondern auf direktem Weg wieder ins Bett zieht. Das gibt es doch nicht, was ist denn mit mir los? In der Sekunde schlafe ich wieder ein, wache erst kurz nach ½ 9 wieder auf, spring unter die Dusche, laufe zum Billa und bin pünktlich um 9 Uhr 30 vorm Hübner.
Nach dem Konzert gehen wir gemütlich zum Italiener KH fassen, Kaffee schaffe ich nimmer, bin völlig erschöpft und muss nach Hause ins Bett. Komisch, was ist denn mit mir los? Ich hasse es mich am Nachmittag ins Bett zu legen und zu schlafen.
Am Abend bin ich wieder fit und guter Dinge.
Sonntag wache ich vor dem Wecker um 5 Uhr auf. Mir geht es gut, die Müdigkeit ist wie verflogen, Gott sei Dank, es wird sicher ein schöner Marathon, vielleicht ein bisschen heiß, aber was soll’s ! Unter 4 Stunden, da bin ich mir ganz sicher, wird auf jeden Fall drinnen sein. Habe ja brav trainiert.
Vorgabe: einen 5:30- 5:35 er Schnitt laufen. Das sollte kein Problem sein, das schaff ich heute sicher!
Rudi und ich wollen gemeinsam laufen und ein schönes Zielfoto haben.
Der erste Km über die Reichsbrücke wird zwar nur in 5:40 absolviert, da doch recht viel los ist, aber das werden wir schon wieder aufholen. Prater rein, alles läuft bestens. Wir haben unseren Rhythmus gefunden. Das Tempo kommt mir sehr angenehm vor, die 4 Stunden unterbiete ich heute locker.
Schüttelstrasse raus, am Ring, alles bestens. Beim Stubentor steht meine Tochter und feuert kräftigst an, reicht mir eine kleine Flasche Wasser, so kann ich die Labestelle auslassen.
Wienzeile raus. Irgendwie mag ich diesen Abschnitt gar nicht. Mit ist heiß, die Beine werden plötzlich ur schwer, die Kraft geht mir von einer Sekunde zur anderen aus. Das gibt es ja nicht. Es ist zwar warm, aber so auch wieder nicht. So kann ich unmöglich noch 30 km laufen! Ich spiele mit dem Gedanken beim HM auszusteigen, trau mich aber vorerst Rudi nichts davon zu sagen und laufe brav weiter. Ich kämpfe mit mir: Was soll ich machen??? Wir sind kurz vorm U4---- „Rudi, lauf alleine weiter, ich steig beim Hm aus!“--- „Wirklich? Macht dir das nichts??“---„Nein, renn“---und weg ist er.
Bei Schönbrunn steht eine Freundin. Ich laufe zu ihr, bleib bei ihr stehen, sie gibt mir eine Flasche Wasser, ich mache ein Tratscherl, auch mit Snowball der zufällig genau neben ihr steht. Ein paar Minuten später geht es weiter Richtung Eybl, denn dort steht meine Mutter. Auch bei ihr bleibe ich stehen und unterhalte mich. Sage ihr, dass ich beim Halben aussteige. Sie freut sich, denn sie mag gar nicht, dass ich Marathon laufe, das ist ja soooo anstrengend und sicher nicht gesund. Ich sehe Heidi des Weges kommen, verabschiede mich von meiner Mutter und laufe mit Heidi weiter. Jetzt geht es die Mariahilferstrasse runter. Eigentlich geht es mir jetzt wieder besser. Im Schatten läuft es sich super! Soll ich doch den ganzen laufen???
Bayerlw rollt von hinten auf. Soll ich mit ihm weiterlaufen? Er läuft einen 5:30er Schnitt, sein erster Marathon.
In 100 Meter muss ich mich entscheiden, denn dann trennen sich die Wege. Marathon-Halbmarathon— Ich tänzel unentschlossen hin und her. Was soll ich machen?? „Ich laufe mit dir weiter“ sage ich zu Walter und reihe mich bei den Marathonläufern ein. Bin ich komplett deppert, frage ich mich allerdings im selben Moment. Spätestens auf der Schüttelstrasse Richtung Prater liegst du flach.
Oh, was sehe ich da? Marathon und Halbmarathonläufer kommen kurz vorm Ring wieder zusammen. Mit einem: „Nein, ich bieg doch lieber ab, alles Gute“ verabschiede ich mich schnell und nehme die rechte Bahn Richtung Heldenplatz.
Held bin ich allerdings an diesem Tag keiner. Komme mir vor wie ein echtes Weichei.
Laufe zur gleichen Zeit über die Ziellinie wie der Marathonsieger.
Irgendwie widerstrebt es mir die Medaille entgegenzunehmen. Die habe ich doch gar nicht verdient.
Ich stehe im Ziel, Jm ist schon da, kurze Zeit später trudeln auch schon Kasl, Fredmann und Gerda ein.
Ich stehe da, komme mir vor als ob ich keinen km gelaufen wäre, äger mich, dass ich aufgehört habe.
Ich bin ein echter Depp. Wofür bin ich den ganzen Winter jeden Sonntag zeitig aufgestanden, habe bei Sturm, Eis und Schnee diese blöden langen Läufe gemacht, wenn ich jetzt beim Hm aussteige??
Montag Abend. Mir ist nicht gut. Mir tut der ganze Körper weh. Dienstag: 39,5 Fieber…Mittwoch Fieber. Nierenschmerzen.
Wahrscheinlich habe ich schon am Wochenende was ausgebrütet und mein Körper hat mir die richtigen Signale gegeben.
Heute bin ich froh, dass ich ausgestiegen bin.
Berlin, WIR KOMMEN!!!